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FDP-Fraktion: Rede zum Haushalt 2018/2019

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine Damen und Herren,

Ihnen das Zahlenwerk unseres städtischen Haushalts ein weiteres Mal vorzustellen ist entbehrlich. Im Rahmen der Einbringung des Haushaltsplans und der anschließenden umfänglichen Beratungen in den Fraktionen und Gremien wurde die desolate Haushaltslage der Stadt offensichtlich.

Dass die Situation so ist, wie sie ist, hat nichts mit Verschwendungssucht zu tun, sondern liegt im Wesentlichen an der nicht auskömmlichen Finanzierung der Kommunen insgesamt, vor dem Hintergrund steigender Ausgaben zur Erledigung immer zahlreicher werdenden Aufgaben, die den Kommunen zugewiesen werden.

Ich möchte in meiner Rede nur einige Punkte der politischen und Verwaltungsarbeit in den Mittelpunkt stellen.

 

Entwicklung der urbanen Mitte

Die Fertigstellung der beiden Bauabschnitte der neuen Huma freut uns sehr. Die von allen Fraktionen seit Jahren gewünschte Belebung des Karl-Gatzweiler Platzes hat sich schon wenige Tage nach der offiziellen Eröffnung eingestellt. Das macht wirklich Freude.

Ich weiß, welche Kraftanstrengungen nötig waren, in doch relativ kurzer Zeit die Planung und den Bau eines kompletten Stadtzentrums zu realisieren. Dies ist mit Augenmaß und Weitblick geschehen.

Zahlreiche weitere Maßnahmen sind in Planungs- oder Bauphase, wie sie selbst alle bei einer Fahrt durch das Sankt Augustiner Zentrum sehen konnten.

Ja, wir werden auch städtische Mittel in die Hand nehmen müssen, um zum Beispiel die Sanierung des Karl-Gatzweiler Platzes zu realisieren. Um nachhaltig ein vernünftiges Zentrum zu haben, ist es wichtig, jetzt eine komplette Sanierung durchzuführen, deren Umfang bereits um etwa 20% abgespeckt wurde. Eine Zerstückelung der Maßnahme würde nach unserer Auffassung zu Mehrkosten führen.

Gebäudemanagement

Unser Haushaltsplan ist ein beredtes Zeugnis für zahlreiche Aktivitäten in der Stadt. Der Projektprioritätenplan, den wir vergangene Woche noch glaubten zur Vermeidung von Steuererhöhungen abspecken zu können, spricht Bände.

Nach Umstellung vom Projektstrukturplan auf den Projektprioritätenplan sind seit Mitte 2016 etwa 65 Projekte bereits abgeschlossen worden. 90 Projekte waren bzw. sind seit diesem Zeitpunkt in Gänze in Bearbeitung des FD 9/10.

Die Projekte umfassen von „Groß-Projekten“, wie dem Fachraumtrakt in Menden oder einer umfangreichen Sanierung, bis hin zu kleineren Maßnahmen, wie einer Brandschutzkompensation, alle Arten von Maßnahmen eines klassischen Gebäudemanagements, die von Architekten bzw. Ingenieuren betreut werden. So die von mir eingeholte Auskunft des Fachdienstes.

Aktuell sind über 40 Projekte in der Prioritätenliste in der Bearbeitung. Der PPP – Workshop (Projektprioritätenplan) hat uns jedenfalls die Augen geöffnet: Wenn wir eine vertikale Betrachtung anstellen, könnte der Eindruck entstehen, man könne Projekte priorisieren. Schaut man sich die Bearbeitungsstände an, sieht man bei den absolut wichtigen und von der Politik mit Nachdruck geforderten Projekten, dass man tunlichst die Finger davon lassen sollte, hier als Politik einzugreifen. Wir haben uns als FDP darauf verständigt, die PPP Liste künftig horizontal zu betrachten und genau auf die Bearbeitungsstände zu achten. Dies wird nach unserem Eindruck eher Geld sparen, als Projektprioritäten erneut zu diskutieren. Wir halten auch nichts davon, den Fachleuten Ratschläge zu geben. Der Fachbereich hat Großes geleistet und trotz fehlendem Personal, eine Menge auf die Beine gestellt. Herzlichen Dank an Herrn Weiser und Team!

 

Zusammenarbeit der Dezernate

Heute arbeitet Herr Ali Doğan seit 159 Tagen als Beigeordneter in Sankt Augustin. Wir sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit in den vielfältigen Aufgabengebieten seines Dezernates. Nicht nur die klassischen sozialen Themen werden mit Sachverstand und Gespür für Menschen bearbeitet, sondern auch alle anderen Belange werden engagiert angepackt. Auch die Zusammenarbeit der Dezernate hat sich nach unserem Eindruck deutlich verbessert.

Lieber Ali Doğan, im Namen der FDP-Fraktion sage ich herzlichen Dank für ihre gute und offene Zusammenarbeit, die sich nicht nach dem Parteibuch sondern ausschließlich an der Sache und den Menschen ausrichtet. Wir sind als FDP sehr froh, den Weg für ihre Einstellung zusammen mit Anderen geebnet zu haben, auch wenn dieser Weg für mich persönlich sehr belastend war.

Zusammenarbeit der Dezernate III und IV

Insbesondere die Dezernate von Herrn Gleß und Herrn Dogan haben zahlreiche zusätzliche von den Kommunen zu erledigende Aufgaben zu bewältigen, von denen wir uns wünschten, dass sie nach dem Motto „wer bestellt, der zahlt“ abgearbeitet und finanziert würden. Von der Einhaltung des Konnexitätsprinzips kann in der momentanen politischen Wirklichkeit nicht mehr die Rede sein.

Nicht nur, dass Aufgaben von der oberen auf die kommunale Ebene durchgereicht werden, auch deren Finanzierung bleibt undurchsichtig, sie ist in Teilen nicht verlässlich, wie zum Beispiel die Finanzierung der Schulsozialarbeit, der auskömmlichen Finanzierung der Offenen Ganztagsschule, der Bereitstellung und Finanzierung von Kita Plätzen. Manche Themenfelder werden gar nicht mehr von den handelnden Ebenen wahr genommen, wie zum Beispiel in Teilen die Versorgung der Flüchtlinge. Allein in diesem Jahr bleibt die Stadt Sankt Augustin auf über 2,0 Millionen € Kosten sitzen, die zur Versorgung der Flüchtlinge in neun Monaten des Jahres 2017 bereitgestellt wurden. Dazu kommen wahrscheinlich noch erhebliche Kosten für das noch nicht abgerechnete vierte Quartal.

Allein die geduldeten Flüchtlinge, in Sankt Augustin sind es im Moment um die 50 Fälle, verursachen mehr als 400.000 € Kosten pro Jahr, die alleine - nach kurzer Übergangsfinanzierung – von der Stadt zu tragen sind.

Erwähnungswert sind die Investitionen in Wohngebäude für Flüchtlinge, die sich auf 9,8 Mio € belaufen. Große Teile der Unterkünfte stehen leer oder sind nur spärlich belegt. Hätten wir uns weiterhin auf von Bund und Land gelieferte Prognosen verlassen, wäre die Situation noch schwieriger und wir hätten noch mehr leerstehende Gebäude. (Gott sei Dank konnten wir den ungebremsten Vorsorgedrang der CDU und des Bürgermeisters, die offenbar große Probleme mit großen Bauten lösen wollten, ausbremsen).

Zurück zu den entstandenen Kosten:

Personalkosten in der Verwaltung sind hier nicht einmal mitgerechnet.

Der Leerstand in den Flüchtlingsunterkünften und der Bedarf an Unterbringungen anderer Personen z.B. in der Jugendhilfe, die Notwendigkeit weitere Kindergärten zu bauen, haben die beiden Dezernenten Doğan und Gleß als Anstoß genommen, Potentiale für neue Nutzungen zu eruieren.

Im Rahmen einer Besichtigungstour konnte sich die Politik ein Bild von der Lage vor Ort machen. Wir konnten uns einen guten Eindruck von der Arbeit der beiden zuständigen Mitarbeiter der Verwaltung Herrn Tielke und Herrn Jörg Lindlar vermittelt. Mit hoher Sachkompetenz und anscheinend stoischer Ruhe wurden die Probleme der Obdachlosen- und Flüchtlingsunterbringung aufgezeigt. Ich muss sagen, es war informativ wie in Teilen bedrückend, aber es war absolut notwendig. Wir müssen versuchen andere Nutzungen in einigen Gebäuden zu realisieren oder sogar Gebäude niederlegen und die Grundstücke- sofern es möglich ist - einer neuen Nutzung zuführen.

Natürlich gilt es auch notwendigen sozialen Wohnungsbau zu realisieren. Dazu sind seitens der Politik auch entsprechende Beschlüsse gefasst. Zunächst sind die Bedarfe zu ermitteln.

Wir sehen, dass die Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen nur eine Seite der Medaille ist.

Anerkannte Flüchtlinge sollen möglichst schnell in unsere Gesellschaft integriert werden. Dazu bedarf es großer Finanzmittel und einer Menge qualifizierter Mitarbeiter, die nur sehr schwer auf dem Markt zu finden sind. Allein die Bereitstellung der Mittel belasten erheblich den städtischen Haushalt.

Die vom Bund ausgezahlte Integrationspauschale ist bislang noch nicht bei den Kommunen angekommen. Man hört, sie sei in das Kita Rettungspaket eingeflossen. Das allerdings entbehrt ja jeder Logik, denn die Flüchtlinge sind zu 70% allein reisende Männer, die Mittel für die unbedingt nötige Integration von anerkannten Flüchtlingen muss von Bund und Land bereitgestellt werden.

Zur Problematik der nicht an die Kommunen weitergeleiteten Gelder hat die FDP-Fraktion ein Schreiben an die FDP-Landtagsfraktion geschickt.

In der Antwort findet sich die bemerkenswerte Aussage:

"Mittel, die der Bund ab 2018 zusätzlich zur Verfügung stellt, werden wir vollständig an die Kommunen weiterleiten."

Entscheidend ist das Wort "zusätzlich"! Also: Falls der Bund über das Bisherige hinaus Mittel zur Verfügung stellt, bekommen das die Kommunen. Aber was der Bund bisher schon leistet, bekommen die Kommunen nicht. Und genau Letzteres hatten CDU und FDP als Oppositionsparteien gefordert.

Die eigentliche Antwort ist: Das Land hat nicht genug Geld, um das Versprechen, die Integrationspauschale des Bundes an die Kommunen weiterzuleiten, zu erfüllen.

Auch unabhängig von der Flüchtlingsproblematik sind die Kommunen mit Aufgaben und Ausgaben überlastet und hoch verschuldet.

Wir sind froh über die Initiative, eine Planstelle für kommunale Sozialplanung zu haben und begrüßen außerordentlich die Einrichtung einer Stabsstelle Integration, die beim Sozialdezernat angesiedelt sein wird.

Jugendhilfe

Es ist traurig, dass die Verwaltung das im Jugendhilfeausschuss vorgelegte Konzept zur Qualitätssicherung im Bereich der Offenen Ganztagsschule vorerst wegen Geldmangels nicht umsetzen kann. Mit diesem Konzept hat sich Sankt Augustin wieder ein Alleinstellungsmerkmal im Rhein-Sieg Kreis erarbeitet.

Die Bedarfsdeckung in den städtischen Kitas ist leider gesunken, obwohl deutlich mehr Plätze zur Verfügung gestellt wurden. Durch Zuwanderung sind die Bedarfe so angestiegen, dass trotz erheblicher Anstrengungen der beiden zuständigen Dezernate, eine auskömmliche Anzahl von Plätzen im Moment noch nicht zur Verfügung steht.

Investitionen in Sankt Augustiner Schulen

In die Sankt Augustiner Schulen werden in den kommenden Jahren etwa 25 Mio investiert. Auch in diesem Bereich werden noch große Veränderungen auf uns zu kommen. Wichtig ist auch den Schwimmunterricht und sportliche Aktivitäten für Kinder und Jugendliche in angemessener Qualität zur Verfügung zu stellen. Deshalb benötigen wir unbedingt ein neues zentrales Kombibad, das schon seit einigen Jahren Beschlusslage ist. Die Realisierungschancen einer Stadt im HSK wurden durch den Kämmerer schon ausgelotet. Eine wichtige Aufgabe der nahen Zukunft muss die Realisierung sein.

Die gestern beschlossenen 100.000€ jährlich für die Sanierung der Schultoiletten können nur im Zusammenhang mit zu erarbeitenden Maßnahmen mit und für die Nutzer der Toilettenanlagen gesehen werden. Wenn tatsächlich die neuen Toiletten die gleichen Verschmutzungen erfahren, dann muss bevor investiert wird, eine Abmachung her, wie eine Verschmutzung der Toiletten vermieden werden kann.

Umstrukturierung der Sankt Augustiner Verwaltung

Ganz besonders froh sind wir, dass es zusammen mit anderen Fraktionen gelungen ist, eine Umstrukturierung der Verwaltung herbeizuführen, die den Steuerungsdienst auflöst. Wir haben nun wieder ein klassisches Hauptamt mit qualifiziertem Personal, in das wir große Hoffnungen auf eine moderne Entwicklung setzen. Dass die entsprechenden Führungspositionen auch gut bezahlt werden sollen, entspricht unserer Vorstellung einer modernen Verwaltung, die bei der Personalgewinnung konkurrenzfähig sein muss. Deshalb haben wir uns auch sehr und erfolgreich für die bessere Dotierung der Stellen eingesetzt.

Wir wünschen uns, dass die neue Organisationseinheit auch „Hauptamt“ genannt wird. Bislang haben wir noch keine entsprechende Bezeichnung gefunden.

Wir begrüßen sehr, dass die Organisationsuntersuchung einschließlich analytischer Stellenbemessung für das technische Dezernat auf den Weg gebracht wurde. Eine Verbesserung der Effizienz wird nur durch strukturelle Eingriffe gelingen. Aufgabenüberprüfung und Aufgabenverteilung.

In diesem Zusammenhang regen wir an, eine Neuordnung des Zuschnitts der Dezernate in Angriff zu nehmen.

Beschluss des Haushalts

Nun sollen wir heute einen Haushalt beschließen, der uns nicht gefällt. Die Schulden steigen, das Eigenkapital schmilzt dahin, Steuern und Gebühren werden angehoben. Angesichts der Tatsache, dass wir der Überzeugung sind, dass die Verwaltung diese Entwicklung durch pflichtige Aufgaben, die sie vom Gesetz her zu erledigen hat nicht selbst verantwortet, wird die FDP-Fraktion den Haushalt mit tragen.

Die Steuererhöhungen sind maßvoll, die Gebührenerhöhungen sind vom Bürger zu stemmen. Insgesamt liegen wir im Vergleich zu anderen Kommunen durchaus im Mittelfeld bis unteren Drittel der Gebühren.

Was würde passieren, wenn der Rat den Haushalt nicht beschließen würde: Der Nothaushalt mit einem Sparkommissar an der Spitze, kein Einfluss auf finanzielle Entscheidungen. Mit Sicherheit würden noch nicht vertraglich geregelte aber beschlossene Projekte anders oder nicht umgesetzt. Und: Die Grundsteuer würde mit 100% Sicherheit per Order deutlich mehr steigen als wir das jetzt beschlossen haben.

Es ist ein Gebot der Solidarität aller politisch Tätigen hier in diesem Ratssaal selbst Verantwortung zu übernehmen und nicht darauf zu schielen, ob denn eine Mehrheit für den Haushalt zustande kommt, um dann gegenüber der Bevölkerung sagen zu können: ich/wir haben dagegen gestimmt und verantworten diese Erhöhungen der Steuern und Gebühren nicht.

Ich bedanke mich bei allen, die mit uns zusammen gearbeitet haben.

Im Namen der FDP-Fraktion wünsche ich Ihnen allen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein glückliches Neues Jahr!