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Haushaltsrede 2012

Stefanie Jung

FDP-Fraktion Sankt Augustin
Rede zum Haushaltsplan 2012/13
zur Ratssitzung am 14. März 2012
Fraktionsvorsitzende
Stefanie Jung  


 

ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!
 
 
Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
 
nach wie vor ist die Finanzlage der Stadt Sankt Augustin schlecht, der Haushalt steht auf tönernen Füßen und es scheint, dass wirklich verlässliche Prognosen eigentlich nicht möglich sind. Für die FDP-Fraktion ist der von der Verwaltung vorgelegte Haushalt eine Fleißarbeit, mit dem Ziel, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Mit der Beschlussfassung und Genehmigung des Haushaltes ist  Entscheidungsfreiheit im sehr begrenzten Rahmen möglich.
 
Gegenüber dem vergangenen Jahr hat sich die finanzielle Situation der Kommunen strukturell  nicht verbessert.
 
Das „Stärkungspaket Kommunen“ ist ein Tropfen auf den heißen Stein und  fordert „aber gleichzeitig von den teilnehmenden Städten und Gemeinden erhebliche eigene Konsolidierungsleistungen“. Die grundsätzliche strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen ist damit nicht aus der Welt geschafft.
 
Ein Beispiel:
 
Unerlässlich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine vernünftige Kinderbetreuung. Damit diese in den Kommunen umgesetzt werden kann, bedarf es allerdings dann auch vernünftiger gesetzlicher Vorgaben. Die rot-grüne Landesregierung hat in diesem Bereich große Hoffnungen geweckt.
Allerdings erweist sich das von der Landesregierung eingeführte beitragsfreie letzte Kindergartenjahr zunehmend als eine Mogelpackung. Dass das so ist, haben wir leidvoll im Hinblick auf die Kindertagesbetreuung  in den letzten Wochen in Sankt Augustin erlebt.
Im Jugendhilfeausschuss haben sich Politik und freie Träger mit den neuen Beiträgen für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen für Kinder beschäftigt. Die neue Gebührenstaffelung musste dabei vielerlei Vorgaben genügen. Wir alle wissen, dass 19% der Betriebskosten der Betreuungsform Tageseinrichtung über Elternbeiträge refinanziert werden müssen. Sankt Augustin erreicht bei Weitem nicht diesen Deckungsgrad! Zum 01.August 2011 wurde darüber hinaus das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr eingeführt! Forderungen von Experten, die das Geld im System belassen wollten, wurden von der rot-grünen Landesregierung geflissentlich ignoriert. Die Kompensation der Einnahmeausfälle sollte vielmehr über das Belastungsausgleichgesetz refinanziert werden, das allerdings bis zum heutigen Tag von der  Landesregierung nicht vorgelegt wurde. Sankt Augustin erhielt lediglich eine Abschlagszahlung, die weder die Ausnahmeeinfälle kompensierte noch in die Elternbeiträge von 19 % hineingerechnet werden konnte. Diese Situation führt zu einem erheblichen Defizit bei Aufwendungen in der Kinderbetreuung, die zu Lasten unserer Stadt gehen und letztendlich zu steigenden Kindergartengebühren führen, gestaffelt nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern.
Die Gebührenfreiheit des letzten Kindergartenjahres kollidiert darüber hinaus bei uns in Sankt Augustin mit der Geschwisterkinderregelung.
Die Proteste der Eltern haben gezeigt, dass die Situation für die Betroffenen unbefriedigend ist.
Die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen bei der Kinderbetreuung wurde durch das gebührenfreie letzte Kindergartenjahr erheblich verschärft und muss endlich behoben werden.
Dass die Kindergartengebühren von der jeweiligen Haushaltslage der Kommune abhängen, ist mehr als unakzeptabel.
Land und Bund dürfen daher die Kommunen nicht länger beim Ausbau der Kinderbetreuung im Stich lassen!
Wir wissen schon heute, dass wir einen Bedarf von mindestens neun Gruppen im Bereich Tagesbetreuung von Kindern haben.  Ein zügiger Ausbau kann allerdings nur dann umgesetzt werden, wenn Bund und Land uns mit ihrer Finanzierung auf diesem Weg unterstützen!
 
Trotz schlechter Haushaltslage haben wir, wie in den vergangenen Jahren,  eine große Zahl von Projekten für unsere Stadt, gemeinsam mit der Verwaltung, zu bewältigen. Dies bei einer sehr dünnen Personaldecke.
 
Ich sage bewusst gemeinsam mit der Verwaltung und damit sind auch Sie Herr Bürgermeister gemeint.
Nutzen Sie ihre Beliebtheit bei den Sankt Augustiner Bürgern, bei den Vereinen und Gruppierungen und bringen Sie sich noch mehr als bisher mit ihrer Meinung ein.
Es warten viele Menschen auf ihre Meinung zu wichtigen,  auch strittigen Themen.
 
Das seit langem von uns geforderte Organisations- und Personalentwicklungskonzept soll bitte nicht in Vergessenheit geraten. Über die Zukunft und die Aufstellung der Fachbereiche, über die Förderung des Nachwuchses und die künftigen Führungskräfte sollte nicht nur der Bürgermeister nachdenken. Wir als politische Kräfte sollten auch Voraussetzungen schaffen, die die Verwaltung stark machen für ihre vielfältigen Aufgaben.
 
Wir sollten, ich habe das bereits im vergangenen Jahr gesagt, die Verwaltung die Arbeit tun lassen, wofür sie bezahlt wird. Jede Menge Anfragen könnten auch mit einem Anruf oder einem Blick in die Akten erledigt werden.
Die Sitzungsdauer muss endlich beschränkt werden, das klappt im Kreistag ohne Probleme, geht ja anscheinend auch bei uns, wie die vergangene HAFA-Sitzung gezeigt hat.
 
 
 
Zentrum / Dezernat Gleß / Wirtschaftsförderung
 
Die Verwaltung und  Wirtschaftsförderung der Stadt Sankt Augustin haben einen großen Wurf gelandet: die Nahversorgung in Birlinghoven scheint nun in greifbarer Nähe. Der Verlängerung der Ortsdurchfahrt, die eine  direkte Erschließung der Zufahrt zum geplanten Supermarkt in Birlinghoven von der Pleistalstraße aus ermöglicht, wurde vom Landesbetrieb Straßen NRW zugestimmt. Danke an alle, die beteiligt waren.
 
Die für unsere Stadt überlebenswichtige Revitalisierung des Zentrums hat im vergangenen Jahr zahlreiche Hürden genommen und wir befinden uns im Endspurt. Hier gilt unser Dank dem  Team um unseren engagierten 1. Beigeordneten Rainer Gleß, der mit viel Geschick und Fleiß mit  seinem Team  eine großartige Leistung erbracht hat. Die FDP-Fraktion bedankt sich für die Arbeit sehr herzlich. Man konnte sich ja anhand der Fülle der Papiere, die uns per Kurier erreichten, ein Bild machen, wie viel Arbeit  es war, dies zu erarbeiten.
 
Aber ich möchte noch eines erwähnen: Wie Sie Herr Gleß durch den zweiten Schulbauausschuss geführt haben, verdient Hochachtung und Respekt!
 
Ein wichtiger Teilaspekt des neuen Zentrums ist das von der Firma Hurler geplante Bürgerforum. Für künftige Nutzungskonzepte stellen wir uns einen engen Dialog mit dem Investor vor, der zu einem Partizipationsprozess, ähnlich wie beim „Masterplan Urbane Mitte“ führt. Hier sollen künftige Konzepte für Nutzung erarbeitet werden. Ich bin sicher, dass dies gelingen wird. Insgesamt sollten wir jetzt mit der Umsetzung des Projektes zügig vorangehen.
 
Ein Thema aus dem Dezernat IV allerdings bereitet uns zunehmend Bauchschmerzen, das sind die „Gärten der Nationen“. Inhaltlich sicher eine gute Idee, wenn sie von vielen getragen und aus der Mitte der Migranten initiiert wird. Angesichts der eher geringen Beteiligung von Migranten, erscheint uns der Einsatz der nötigen Finanzmittel von 400.000 € doch überdimensioniert.  Ich bitte dringend darum, diese Investitionen mit dem Fördermittelgeber auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen. Mit anderen Worten: geht es an diesem Punkt nicht mit deutlich weniger Geld, ohne die Fördermittel insgesamt zu verlieren?
Insbesondere  vor dem Hintergrund meines nächsten Themas, erscheint mir doch eine neuerliche Prüfung mit einer hoffentlich konkreteren Antwort geboten.
 
 
Dezernat Lübken /Schulen /Jugendzentrum
 
Das wichtigste Thema der Haushaltsberatungen ist das Thema Schulen gewesen.
Die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für die Sanierung des RSG ist in einem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP gelungen. Sicherlich kein großer Wurf, aber angesichts der Sanierungsbedarfe insgesamt, ein wichtiger Schritt.
 
Die Stadt Sankt Augustin hat, nach dem Mehrheitswillen, gegen den Willen der FDP, eine auslaufende Realschule, eine auslaufende Hauptschule, dafür eine Gesamtschule, deren geschätzte Sanierungs- und Einrichtungskosten in Höhe von 5.4 Millionen Euro überhaupt nicht zu halten sind und die nach Aussage der Verwaltung im zweiten Schulbauausschuss „nur mit Provisorien ausgestattet werden kann“. Vor genau diesem Punkte haben wir gewarnt, keine Experimente zu Lasten bestehender Schulen und ohne genaue Ermittlung von Kosten für Sanierung und Einrichtung der Gesamtschule. Es ist demokratisch entschieden worden, eine Entscheidung, die auch vor dem Hintergrund getroffen wurde, dass es ja noch eine Realschule und eine Hauptschule gäbe.
 
Doch  vor wenigen Wochen standen wir wieder an einem Scheidepunkt. Die Verwaltung, hier Herr Lübken, präsentiert einen Vorschlag zur Prüfung der Einrichtung einer Sekundarschule im Schulzentrum Niederpleis. Angesichts der bestehenden Probleme „Freie-Buschstraße“ /Schulzentrum Niederpleis, sind die pädagogischen Aspekte eines Umzugs verwaltungsseitig noch nicht  einmal zur Kenntnis gebracht worden, aber dann wird ohne Not  ein Prüfauftrag in die Welt gesetzt, zur Unzeit und völlig überflüssigerweise.
 
Gut wäre, wenn die Fachverwaltung, uns ein Gesamtkonzept für die Schulen der Stadt zur Diskussion präsentierte, anstatt dauernd neue  Einzelthemen aufzugreifen.
 
In diese Betrachtung gehört übrigens auch die Gutenbergschule.
 
Zum Thema „Freie Buschstraße“ hätte ich mir als Entscheidungshilfe  zeitig eine von beiden Dezernaten abgestimmte Vorlage gewünscht, ergänzt und abgestimmt mit den haushalterischen Aspekten.
Dies ist leider nicht erfolgt, die Vorbereitung dieser  schwierigen schulpolitischen Entscheidung ist bisher nur aus haushalterischer Sicht und technischer Sicht erfolgt. Herrn Weiser und Frau Billig machen ihre Sache sehr gut, Herr Weiser hat die undankbare Aufgabe, die gesetzlichen Anforderungen an die technische  Ausstattung zu vertreten. Wir bedanken uns für ihre Bereitschaft, sich den kritischen Fragen zu stellen.
 
Allerdings sind die für uns wichtigen pädagogischen Bewertungen ausgeblieben, fasziniert hängt die Fachverwaltung am Meinungstropf des Gutachters und hat offenbar weder Lösungsvorschläge, Gesprächsergebnisse oder Varianten parat.  Gutachter sind Berater und können Entscheidungshilfen bieten, aber außen vor ist die Fachverwaltung damit nicht.
 
Wir dürfen doch wohl  Informationen und Entscheidungshilfen     erwarten und vor allem Kommunikation mit den Betroffenen.
 
Wir hätten uns eine frühe Zusammenarbeit mit den Schulen gewünscht, jedenfalls Informationen aus erster Hand für die Betroffenen. Ich selbst bin davon ausgegangen, dass frühzeitig Gespräche stattgefunden hätten. Leider eine Fehleinschätzung.
 
Die Entscheidung über die Zukunft der „Grundschule Freie Buschstraße“ ist vertagt. Ich danke ganz besonders dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion Georg Schell, für sein geduldiges Beharren und konsequentes, freundliches Verhandeln über die Möglichkeit so zu verfahren, wie wir heute verfahren. Wir hätten heute nicht abstimmen können, weil wir noch nicht alle Fragen geklärt haben und auch noch nicht alle Konsequenzen der verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten  durchgespielt sind.
 
Entscheiden heißt, eine Auswahl an Vorschlägen zu haben, zwischen denen man sich entscheiden kann.
 
Wir wollen alle Aspekte berücksichtigt wissen und dann wirkliche Entscheidungsmöglichkeiten haben. Die Vorschläge eines Gutachters abzunicken, ist uns zu wenig!
 
Ich bin sehr froh, dass wir Gelegenheit hatten, uns die Räumlichkeiten vor Ort anzuschauen um uns selbst ein Bild zu machen. Genau das gehört zu einem Entscheidungsfindungsprozess: Informationen einholen, Informationen bearbeiten, vergleichen  und auswerten, alle Varianten prüfen  und dann erst folgt die Entscheidung in Abwägung aller Aspekte.
 
 
Jugendzentrum
 
Ein Thema, das uns besonders wichtig ist, ist die Errichtung des neuen Jugendzentrums an der Bonner Straße.
 
Es geht hier um das Herzstück der Offenen Jugendarbeit in der Stadt Sankt Augustin. Hier sind nicht nur täglich zahlreiche Kinder und Jugendliche in Angeboten zu finden, sondern hier sind verschiedene, sich ergänzende Angebote an einem Ort kombiniert. Die Streetwork mit ihrem Büro und Besprechungsräumen, die Arbeitsgruppen von Kinderparlament und Jugendstadtrat, der Stadtjugendring, der Spiel- und Medienpool der Stadt, die Schulungsräume für Mitarbeiter des Ferienangebotes, Behindertenangebote des Karren e. V. sowie die Matchboxx und schließlich auch probende Bands finden hier einen Raum, in dem sie sich untereinander vernetzen können. Eine Auflösung dieser Struktur würde die Jugendhilfe in Sankt Augustin nachhaltig verändern! Wir haben einen Beschluss, der es ermöglicht, auch eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Nach Genehmigung des Haushalts können Mittel angeworben und evtl. auch Sponsoren gefunden werden. Für die FDP ist das vielfältige Angebot für Kinder und Jugendliche ein besonderes Anliegen“.
 
Bei diesem Haushalt geht es um mehr, als nur die Freie Buschstraße: wir haben die Kosten für die anderen Schulbauprojekte sowie die Abwicklung der Baumaßnahmen mit unserem oder fremden Personal, die Personalentwicklung allgemein, die im Haushalt eingestellten Personalkosten (mit Blick auf die laufenden Tarifverhandlungen)und die Bädersituation. Ich gehe davon aus, dass um die im Haushalt bzw. im Haushaltssicherungskonzept verankerten Konsolidierungsziele zu erreichen,  wir immer wieder begleitend die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls durch neue Beschlüsse verändern müssen.
 
Wir alle wissen, dass wir in der nahen Zukunft noch weitere einschneidende Entscheidungen zu treffen haben. Ich warne vor Verteilungskämpfen, wir müssen dabei bleiben, die wenigen Mittel, die zur Verfügung stehen, müssen gerecht zu verteilt werden.
 
Dazu sind alle aufgerufen, die hier im Rat mitarbeiten. Verweigerungshaltung und Fundamentalopposition sind in diesen Zeiten nicht angebracht. Ebenso wenig die Diskreditierung des politischen Gegners auf der eigenen Homepage und in Äußerungen. Wer sich für eine moralische Instanz in Sankt Augustin hält, sollte die Inhalte seiner Homepage und seine öffentlichen Aussagen einer selbstkritischen Prüfung unterziehen.
Ich will zum Schluss kommen: Danke an alle, die mit uns gearbeitet haben, danke an die Verwaltung für ihre Arbeit, ich will Herrn Rupp besonders hervorheben, der sicherlich mit der Verbreitung der heutigen Sitzung die meiste Arbeit hatte,
 
Danke Georg Schell und der CDU, es war eine super gute Zusammenarbeit im vergangenen Jahr.

FDP Sankt Augustin News vom 20.03.2012