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Haushaltsrede 2013 zum Doppelhaushalt 2014/2015

FDP-Fraktion im Rat der Stadt Sankt Augustin

11. Dezember 2013
 
Stefanie Jung
 
- Es gilt das gesprochene Wort! –
 
 
Haushaltsrede 2013 zum Doppelhaushalt 2014/2015


 
 
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schumacher,
sehr geehrte Damen und Herren,
 
 
die Lektüre des Haushaltsplans zeigt uns, wie es um die finanzielle Lage der Stadt bestellt ist. Wir sind nahezu pleite, die Verlängerung des Haushaltskonsolidierungszeitraums  bis in das Jahr 2022, das ist eine Verlängerung der Galgenfrist.
 
Aber: Wie soll eine Stadt ihren Haushalt strukturell sanieren, wenn immer mehr Aufgaben und deren Finanzierung in die kommunalen Aufgabenbereiche verlagert werden? Wir können bei allen Bemühungen stetig steigende Defizite im Bereich der Aufwendungen, die uns per Gesetz auferlegt werden, nicht ausgleichen.
 
Es ist dringend erforderlich, dass Bund, Land und Kommunen gleichermaßen einen Beitrag zum Wiederaufbau der kommunalen Finanzen leisten. Das Land müsste auch dringend den kommunalen Finanzausgleich neu und gerechter ordnen, um den ländlichen Raum besser auszustatten.
 
Dass durch eine Zwangsabgabe finanziell vermeintlich gesunde „Geberkommunen“ arme Kommunen unterstützen, kann das Problem nicht lösen, sondern nur ausweiten. „Kranke Kommunen werden nicht dadurch gesund, indem man gesunde Kommunen krank macht“ (Kai Abruszat MdL). Der so genannte „Kommunalsoli“ entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Spaltpilz für die kommunale Solidarität. Hier sollte dringend über neue Finanzierungsstrukturen nachgedacht werden.
 
Das Volumen der Kassenkredite wächst stetig an, lag die Stadt Sankt Augustin 31.12.2010 noch bei einem Stand von null Euro, so werden sich die Kassenkredite bis Ende 2018 auf 87.434.618 € bei einer Gesamtverschuldung von 206.000.000 € auftürmen.
 
Die von Georg Schell initiierte Resolution von CDU und FDP würde jedenfalls durch eine variable Handhabung des Stichtags und bei Realisierung durch das Land NRW zur Umschuldung von Kassenkrediten zu festen Zinssätzen über einen absehbaren Zeitraum innerhalb des Konsolidierungszeitraumes führen können. Dies gäbe uns wenigstens eine sichere Zinsbasis, aber auch die „Umschuldung“ trägt nicht zur strukturellen Haushaltssanierung bei.
 
Zu sparen ist dringend nötig, es wird in der Zukunft noch größere Sparmaßnahmen geben müssen; um die pflichtigen Aufgaben erledigen zu können.
 
Wir haben in diesem Jahr den wahrhaftig nicht leicht zu fassenden Beschluss zur Schließung der Grundschule „Freie Buschstraße“ gefasst; für mich war es die bisher schwerste und emotionalste Entscheidung in meiner kommunalpolitischen Arbeit.
 
Diese Entscheidung ist richtig gewesen, genau so richtig wie die Entscheidung, nicht am Wettbewerb „Radschnellwege“ teilzunehmen. Abseits der völlig unzureichenden Vorbereitung dieses Themas durch den Rhein-Sieg Kreis, haben wir uns die Mühe gemacht, die Vertreter des Rhein Sieg Kreises zu uns einzuladen, um zu eruieren, welche Kosten auf die Stadt zukommen könnten. Leider haben wir keine konkreten Fragen beantwortet bekommen. Bis heute ist die Finanzierungsstruktur des Projekts unklar; dass das Land 80% der Planungskosten übernehmen will, heißt nicht, dass es die Erstellungs- und Grunderwerbskosten trägt.
 
Wenn das Land für Sankt Augustin in Sachen Radwege etwas tun will, soll es Geld in die Hand nehmen und die Sanierung unseres  Radwegesystems, das so schlecht nicht ist, bezuschussen; dies gilt im Übrigen auch für den teilweise desolaten Zustand der Straßen.
 
Es muss auch in bestehende Infrastruktur investiert werden, nicht nur im Bereich der Straßen.
 
Von der FDP wird es keine Unterstützung mehr für Projekte geben, die deutlich über die Personal-Kapazitäten der ohnehin arg unter Druck stehenden Verwaltung gehen und deren Finanzierungsstruktur und Finanzierungsmöglichkeiten nicht klar sind. Ich bin gespannt, in welchem Kostenrahmen sich die Endrechnung der Beteiligung am Grünen C bewegen wird.
 
Zweifellos sind durch die Maßnahme viele Projekte möglich geworden, die es ohne Bezuschussung nicht gegeben hätte. Ob in der Wahrnehmung der Bevölkerung die Maßnahme insgesamt so positiv bewertet wird, wage ich zu bezweifeln. Um nicht auch noch extern Prüfungen vergeben zu müssen, halten wir es für unabdingbar, das RPA mit einer weiteren Personal - Aufstockung  zu bedenken. Natürlich nicht nur, um die Prüfbedarfe im Rahmen des Grünen C zu decken, sondern auch, um die vielfältigen Baumaßnahmen und Vergaben zu begleiten.
 
Ich denke, dass alle Fraktionen aufgerufen sind, sich mit kostenträchtigen Anträgen zurückzuhalten. Es muss das Nötigste gemacht werden, es kann und wird in Zukunft sicherlich keine neuen Projekte mit unkalkulierbaren Kosten geben dürfen. Unsere Sanierungen im Bestand bergen ohnehin schon reichlich finanzielle Risiken, ebenso die Erledigung zahlreicher Aufgaben, die von „oben nach unten“ weitergereicht werden.
 
Jüngstes Beispiel: die Unterbringung von Flüchtlingen, die steigenden Kosten im Bereich der stationären Hilfe zur Erziehung.
 
Der neue Rat wird die schwierige Aufgabe vor sich haben, mit Maß Geld auszugeben, weitere Einsparmöglichkeiten zu eruieren und durchzusetzen, aber er wird auch die außerordentlich erfreuliche Aufgabe haben, viele angestoßene Projekte zu begleiten oder zu vollenden.
 
Denn trotz unserer schlechten Kassenlage ist Sankt Augustin eine Stadt, die gerade im Begriff ist, sich ein neues modernes Gesicht zu geben. Sie erfindet sich neu, sie gedeiht prächtig, in ihr werden seit Neuestem Kinder geboren. Menschen, die als ihren Geburtsort Sankt Augustin angeben werden und: sie wird allmählich zu einer Stadt mit urbanem Charakter.
 
Meine Damen und Herren, wir alle leben in einer prosperierenden Stadt mit leichten Einwohnerzuwächsen.
 
Zahlreiche Bauvorhaben belegen das Interesse der Investoren an unserer Stadt, wir haben in den vergangenen Jahren, nach der Beschlussfassung des Stadtentwicklungskonzeptes, der Beschlussfassung des Flächennutzungsplans 2009, des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes im Jahr 2009, des Verkehrsentwicklungsplans im Jahre 2009 und der Bauflächenentwicklung einen wahren Boom erlebt, übrigens auch ohne neues Logo!
 
Nahversorgung Meindorf (realisiert), Birlinghoven und Niederpleis  (vor der Umsetzung)
Baugebiet im Werthchen        (realisiert)
Baugebiet ehemals Kümpel    (realisiert)
Baugebiet Fasanenweg          (im Bau)
Gesundheitszentrum Menden (realisiert)
Mehrgenerationenhaus           (im Bau)
barrierefreie Wohnanlage Benderhof
Tacke-Gelände                        (im Bau)
Huma                                       (im Bau)
Erweiterung Kinderklinik, Geburtsstation   (realisiert)
Erweiterung Kinderklinik, Bettenhaus        (Projekt)
Ronald-Mc Donald Haus                            (im Bau)
Studentenwohnheim                                   (realisiert)
Bebauung gegenüber der KHA- Stiftung    (in der Planung)
Erweiterung Hochschule                             (Planung)
 
 
und viele andere wichtige Vorhaben, vor allem auch im verkehrlichen Bereich, die Entlastung und Optimierung bringen.
 
Die Entwicklung der Stadt ist natürlich nicht vom Himmel gefallen, die Verwaltung hat Unglaubliches geleistet; ich weiß, wie viel Zeit und Engagement von allen Beteiligten in die Projekte investiert wurde, auch außerhalb der üblichen Dienstzeiten. Dafür muss man danken, auch als Politik, denn wir alle waren in konstruktive Prozesse, wie auch die Bürger, eingebunden.
 
Wir bedanken uns bei unserem Bürgermeister Klaus Schumacher, Herrn Gleß und seinem Team, bei der WfG Sankt Augustin Herrn Roth und Herrn Bastian, die ihre Arbeit im Stillen tun.
 
Dass der Bürger -  auch außerhalb von Bürgerinformationsveranstaltungen -  sich über die Projekte informieren konnte, ist der hoch professionellen Pressearbeit der Stadt und der anschließenden Berichterstattung in der Presse zu verdanken.
 
Frau Stocksiefen, die mit gutem Riecher Themen erkennt, bearbeitet und platziert, gilt der besondere Dank der FDP-Fraktion. Sie wusste sogar die Sommerpause mit interessanten Themen zu füllen. Herzlichen Dank!
 
Natürlich sind es auch die Projekte der Stadt, im Projektstrukturplan nachzulesen, die enorm viel Arbeit für Verwaltung und Politik mit sich bringen.
 
Die bereits in den vergangenen Jahren erfolgten Investitionen in unsere Schulen: Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Förderschule, Gymnasien und Gesamtschule belaufen sich in den Jahren 2005 – 2013 auf insgesamt fast 40 Millionen, davon jeweils die Hälfte im konsumtiven und investiven Bereich. Als großes Projekt stehen die Sanierung des Rhein-Sieg Gymnasiums und des Schulzentrums in Menden an, allein am Rhein Sieg Gymnasium werden in den nächsten Jahren 20 Millionen Euro verbaut. Wir sind auch froh, die Baumaßnahmen für die mittägliche Verpflegung an den Grundschulen in Mülldorf, Menden und Niederpleis nunmehr im Projektstrukturplan aufgenommen zu haben. Dies ist auch unbedingt nötig; wir können nicht eine Schule schließen und dann die Schulen, die die Schüler aufnehmen, im Regen stehen lassen.
 
Es sind viele weitere Maßnahmen für die Infrastruktur an Kitas und Schulen auf der Agenda: Sanierungen von Dächern, Heizungsanlagen und vieles mehr.
 
Auch die Ertüchtigung und den Neubau von Feuerwehrhäusern will ich hier anführen. Der Brandschutzbedarfsplan ist in seinen Projekten nahezu abgearbeitet: von 30 Projekten sind bereits 27 zur Ausführung gelangt.
 
An dieser Stelle gilt unser Dank dem Dezernenten Marcus Lübken und Herrn Stadtbrandmeister Engstenberg mit seinen Löschzügen aus den verschiedenen Stadtteilen. Beim Großbrand in der Westerwaldstraße wurde die Leistungsfähigkeit unserer Freiwilligen Feuerwehr in besonderer Weise deutlich.
 
 
Jugendhilfe
 
Kommen wir zu einem wichtigen Standortfaktor für Sankt Augustin!
 
Wir wissen, dass die Attraktivität unserer Stadt für junge Familien nur dann erhalten bleibt, wenn es uns gelingt, die soziale Infrastruktur den wachsenden Bedarfen entsprechend anzupassen.
 
Daher wurde in den letzten Jahren das Betreuungsangebot für Kinder unter und über drei Jahre sukzessive ausgebaut und die Umsetzung des Rechtsanspruchs konsequent weiterverfolgt. Für 2013/14 liegt die Betreuungsquote bei 30 %, für 2015 sehen die Planungen bereits eine Versorgungsquote von 34 % für Kinder unter drei vor und von über 96% bei Kindern über drei Jahren.
 
Unser Augenmerk muss künftig auf dem Sozialraum Menden/Meindorf liegen.
Hier werden in den nächsten Jahren besonders viele Kindergartenplätze benötigt. Dies bezieht sich vor allem auf die Versorgung der über dreijährigen Kindern. Mit der Planung von zwei weiteren Kindergartengruppen im alten Pfarrhaus in Menden, ist uns in diesem Bereich bereits ein wichtiger Fortschritt gelungen. Wir freuen uns, dass mit dem Deutschen Kinderschutzbund ein bewährter Träger die neue Einrichtung in Menden übernimmt.
 
Sorgenkind der Jugendhilfe ist und bleiben die stetig wachsenden Kosten bei den Hilfen zur Erziehung. Sankt Augustin liegt bei den Leistungsempfängern der Jugendhilfe im Vergleich mit anderen Kommunen über dem Durchschnitt.
 
Aus gutem Grund haben wir zu Beginn der Legislaturperiode mit einem entsprechenden Unterausschuss das Thema aufgegriffen. Auch heute haben wir erneut, überplanmäßige Leistungen in diesem Bereich zu beschließen. Personalbemessung im BSD und die Einführung eines Verselbstständigungsmanagements für stationäre Hilfen sind Antworten auf eine explosive Entwicklung.
 
In diesem Zusammenhang kommt den präventiven Hilfen eine herausragende Bedeutung zu. Wir besitzen in Sankt Augustin ein besonderes Angebot im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Ob Hotti, Kinderschutzbund oder Verein zur Förderung der Städtischen Jugendarbeit:
 
Sie alle leisten einen wertvollen Beitrag als Freie Träger der Jugendhilfe. Sie konkurrieren nicht sondern ergänzen sich!
 
Es geht nicht um zentrale oder dezentrale Jugendarbeit, wir brauchen ein sowohl als auch, und die Freien Träger haben das bereits begriffen. Kooperationen zwischen Kinderschutzbund und dem Verein zur Förderung der Jugendeinrichtungen, Kooperationen zwischen dem Hotti und dem Verein bei Projekten in Arbeitskreisen und im gebundenen Ganztag, das alles sind Erfolgsmodelle für unsere Kinder und Jugendlichen in der Stadt, den eigentlichen Gewinnern einer konsequenten Vernetzung. Darauf können wir stolz sein und die Politik sollte dieser Tatsache Rechnung tragen.
 
 
Freiwillige Leistungen
 
Dass Sankt Augustin eine lebenswerte Stadt ist, in der in vielfältiger Art und Weise, Kunst, Kultur, Vereine unterschiedlicher Ausrichtung, Initiativen und vieles andere aus dem Bereich der freiwilligen Leistungen finanziell unterstützt werden, bedeutet Vielfalt, Wohn- und Lebensqualität. Es steht insgesamt eine Summe von etwa 1,5 Mio € zur Verfügung, an dieser Stelle wird die FDP jedenfalls nicht kürzen.
 
Einer Neuordnung der Kulturarbeit per Antrag, kommt für die FDP überhaupt nicht in Frage. Wenn etwas neu in diesem Bereich geordnet werden soll, obliegt es dem neuen Fachbereichsleiter, hier tätig zu werden. Wir aber meinen: In Sankt Augustin wird bei kleinstem Budget, eine sehr bemerkenswerte kulturelle Vielfalt in zahlreichen, stets gut besuchten Veranstaltungen geboten. Die Vernetzung der Kulturschaffenden ist außergewöhnlich gut, wir sehen keine Notwendigkeit, hier Veränderungen herbei zu führen. Ich empfehle jedem, auch den Antragstellern, sich in der Sankt Augustiner Kulturszene umzuschauen und die Veranstaltungen zu besuchen.
 
Ein ganz besonders herzlicher Dank gilt an dieser Stelle Frau Haase, die nach dem Ausscheiden von Herrn Stroß  engagiert den verwaisten Bereich betreut hat. Herzlichen Dank für dieses außergewöhnliche Engagement! Unserem neuen Kulturamtsleiter Herrn Ehlert wünschen wir viel Erfolg bei seiner künftigen Arbeit!
 
Die Ehrenamtskarte ist ein Erfolgsmodell, wie sind sicher, dass auch die Zertifizierung der Stadt zur mittelstandsorientierten Verwaltung eine zukunftsweisende Investition ist. Bundesweit sind 42 Kommunen zertifiziert, im Rhein Sieg Kreis wird Sankt Augustin die erste Kommune sein, die die Zertifizierung anstrebt.
 
 
Soziales
 
Der Blick auf den Sozialetat zeigt, wie viele pflichtige Leistungen von der Stadt erbracht werden müssen.
 
Zusätzlich zu den bestehenden Aufgaben wird die Stadt Sankt Augustin kurzfristig ihre Aufnahmekapazitäten für ausländische Flüchtlinge erhöhen müssen, hier bleibt die Verwaltung bei ihrer Linie, dezentral unterzubringen, was wir begrüßen und unterstützen.
 
Ich will aus den zahlreichen Aufgaben des Dezernates von Herrn Lübken eine Aufgabe herausgreifen, die eine riesige Herausforderung für die Stadt darstellt: die Umsetzung des zu erstellenden Inklusionskonzeptes und dessen Umsetzung für unsere Stadt: Menschen mit Einschränkungen oder besonderen Bedürfnissen muss zukünftig noch mehr Teilhabe ermöglicht werden: die Aufgaben beginnen bei den barrierefreien Zugängen zu Gebäuden, sie gehen über barrierefreie Zugänge zu Internetseiten für Sehbehinderte oder Gehörlose weiter. Die Stadt muss hier das Notwendige tun, ich will hoffen, dass in der Zukunft finanzielle Unterstützung von Bund und Land kommt, die die Umsetzung in den Städten in näherer Zukunft realistisch erscheinen lassen.
 
 
Die FDP Fraktion bedankt sich für die Zusammenarbeit bei Herrn Bürgermeister Schumacher, Herrn Rupp für die frühe Fertigstellung des HH-Entwurfs und dessen Einbringung. Beim Rechnungsprüfungsamt für seine zukunftsweisende Prüfung und Berichterstattung. Bei allen, mit denen die FDP gut zusammen gearbeitet und konstruktiv gestritten hat.
 
Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit und Frohe Weihnachten!
 

FDP Sankt Augustin News vom 12.12.2013