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Haushalt 2016

Stefanie Jung

FDP Fraktion im Rat der Stadt Sankt Augustin

Haushaltsrede 2016 zum Doppelhaushalt 2016/2017

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Bürgermeister Schumacher,

meine Damen und Herren,

meine Vorredner haben schon viel zur finanziellen Lage der Stadt Sankt Augustin gesagt. Das Zahlenwerk „Haushaltsplan 2016/2017“ wurde unter extrem schwierigen Umständen erstellt und stellt den Kämmerer - auch wegen zahlreicher einzuarbeitender Änderungen – vor große Herausforderungen.

Der heutige Artikel im GA hat jedem wohl noch einmal deutlich gemacht, wie es um die Stadt bestellt ist.

 

(Die Perspektive für die kommenden Jahre ist sehr schlecht, was die Schuldenlage der Stadt betrifft. Ich habe es bereits in meiner letzten Haushaltsrede gesagt: Wie soll eine Stadt ihren Haushalt strukturell sanieren, wenn immer mehr Aufgaben und deren Finanzierung in die kommunalen Aufgabenbereiche verlagert werden. Wir können bei allen Bemühungen stetig steigende Defizite im Bereich der Aufwendungen, die uns per Gesetz auferlegt werden, nicht ausgleichen. Und die Situation hat sich in den letzten Jahren weiter verschärft.)

Das Eigenkapital wird in unfassbarer Schnelligkeit aufgezehrt, die Kassenkredite und die Verschuldung insgesamt wachsen. Mit Einnahmeverbesserungen durch immer größere Belastungen der Bürger durch Erhöhung von Gebühren und Steuern, ist das Problem nur in der Symptomatik zu verkleinern. Es muss auch an den Kern des Übels gehen. Hier haben die SPD, Grüne und FDP Anträge gestellt, die Sparwillen und Mut zur Veränderung zeigen.

Insbesondere die Einrichtung des Unterausschusses HH-Konsolidierung erweist sich als gut und nützlich. Wir werden in den nächsten Monaten dort weiter strukturelle Veränderungen mit Sparpotentialen für die künftigen Haushalte der Stadt beraten und beschließen.

Herzlichen Dank Herr Rupp für Ihre Mühe und Geduld, mit der sie die Haushaltsberatungen und auch den UA unterstützt und geführt haben, angesichts der geänderten Mehrheitssituation im Rat der Stadt Sankt Augustin haben sie sich, wie erwartet, fair und konstruktiv unseren Vorschlägen gegenüber verhalten.

„Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt. Der andere packt sie kräftig an - und handelt.‘‘

Johann Wolfgang von Goethe (erstmals von Dante Alighieri)

Unter diesem Motto steht die Arbeit der FDP-Fraktion - besonders auch seit der Kommunalwahl 2014.

Nach den veränderten Mehrheitsverhältnissen haben wir uns wieder der Sacharbeit zugewandt. Seit nunmehr fast zwei Jahren arbeiten wir ohne feste Kooperation frei und sachorientiert die anstehenden Themen zunächst einmal in unserer eigenen Fraktion ab und sehen dann nach Schnittmengen.

Zusammen mit SPD und Grünen wird auf Augenhöhe eine gute und sachlich orientierte Zusammenarbeit praktiziert. Weder vor noch nach der wegweisenden Kommunalwahl 2014 hat die FDP sich als Mehrheitsbeschaffer oder Garant eines Machtanspruchs gesehen, uns war stets das Wohl der Stadt Sankt Augustin wichtig. Dafür arbeiten wir in unserer kleinen Fraktion mit Anne-Katrin Silber-Bonz und Jürgen Kammel viel, hart und effizient.

Personal

Zu diesem Haushaltsentwurf haben wir uns intensiv mit dem Thema „Personal“ befasst und mussten feststellen, dass es dort einige Verbesserungspotentiale gibt.

Fangen wir mit der Sorgfalt an:

Wer vom Sparwillen geleitet ist, macht nicht ohne Not aus einer halben eine ganze Stelle. Ich meine die Gleichstellungs-Stelle und dass, weil ein Gesetzestext nicht zu Ende gelesen wird.

(Mal abgesehen davon, dass auch die Auskünfte dazu schlicht und ergreifend falsch waren. Nirgendwo im Kreis gibt es - außer in der Kreisverwaltung – eine Ganztagsstelle.)

Wir vermissen ebenfalls eine Grundstruktur, die effizienten Einsatz des Personals zeigt, die Verantwortlichkeiten aufzeigt und ganz klar für bestimmte Personen Aufgaben ausweist, für die sie sprechen und verantwortlich sind.

Für uns ist die Personalpolitik nicht transparent

Dass als operatives Ziel des Steuerungsdienstes die „Fortentwicklung und Umsetzung des Personalentwicklungskonzeptes“ genannt wird, ist schon sehr merkwürdig, denn seit 2008 wurde nichts fortentwickelt höchstens weg entwickelt. ES muss ein für die Stadt maßgeschneidertes neues Konzept her, der Antrag von SPD, Grünen und FDP wird ja nun auch mit Unterstützung des Bürgermeisters umgesetzt.

Bis heute erschließt sich uns zum Beispiel nicht, wer in der Verwaltung in Sachen „Flüchtlinge“ die Verantwortung trägt und wie die einzelnen zu bearbeitenden Bereiche miteinander vernetzt sind bzw. sich konzeptionell aufstellen.

Informationen zu veränderten Strukturen werden der Politik nicht oder unzureichend bekannt gemacht. Wenn Stellen anders bewertet oder Beförderungen vorgenommen oder nicht vorgenommen werden, hätten wir schon gerne korrekte und nachvollziehbare Informationen, wenn wir positiv beschließen sollen. Schließlich hat jede Veränderung irgendwann auch eine finanzielle Konsequenz. Bei Neueinstellungen werden stets die Gründe angegeben, wieso und warum hier zusätzliches Personal vonnöten ist.

Was aber ganz und gar nicht zu tolerieren ist, ist der Umgang mit Personalentscheidungen, der Veränderung oder Nicht-Veränderung von Stellenbewertungen im Stellenplan, ganz nach Gusto.

Nach meinem Eindruck trägt dies nicht zu einer gedeihlichen Atmosphäre bei. Wenn Vorlagen so schlecht erarbeitet sind und die dazu gehörigen Erläuterungen schlicht falsch sind, was sich durch einfachste Recherche nachprüfen lässt, haben Sie Herr Schumacher offenbar keine guten Berater und stehen zum Schluss selbst als schlecht informiert da. Dies kann nicht in Ihrem eigenen Interesse liegen und ihrer Position als Bürgermeister wird dies nicht gerecht.

Wir wissen sehr wohl um Ihre extreme Arbeitsbelastung und auch die Ihrer Verwaltung, dennoch muss erkennbar sein, dass sie und ihre Führungskräfte ein starkes Team sind, das gemeinsam nachvollziehbare Lösungen sucht und sie gemeinsam kommuniziert.

Wenn wir Sie kritisieren oder anderer Meinung sind, geschieht dies nach meinem Eindruck auf absolut sachlicher Ebene und eben nach unserer Meinung auch zum Wohle der Stadt.

Flüchtlinge und Zuwanderer

Die größte Herausforderung, die die Stadt Sankt Augustin wie viele anderen Städte in der Bundesrepublik im Moment zu bewältigen hat, ist die Unterbringung von uns zugewiesenen Flüchtlingen. Wir können uns insgesamt glücklich schätzen, dass die Sankt Augustiner sich offen und hilfsbereit gezeigt haben und zum Großteil auch immer noch zeigen. Es ist allerdings auch großer Unmut zu verzeichnen, der sicherlich alle politisch Tätigen erreicht hat.

Wir alle wissen nicht, wie viele Menschen noch kommen werden.

Bereits im vergangenen Jahr hat die FDP Fraktion ein Sozialkonzept angemahnt, um die Menschen, die hier dauerhaft bleiben werden, zu integrieren. Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Unterbringung gerade einmal der Anfang eines langwierigen und schwierigen Prozesses sein wird. Soziale Einbindung, Kindergartenplätze, schulische Bildung und bezahlbare Unterkünfte werden die Herausforderung der kommenden Jahre sein.

Besonders misslich ist es, dass keine zuverlässigen Finanzierungszusagen existieren, die unserer Stadt Planungssicherheit garantieren. Wer behauptet, lang- bis mittelfristig würden die Zuwanderung uns nichts kosten, setzt sich mit der Realität nicht auseinander.

Dass unsere drei unserer Turnhallen belegt sind, ist ein Problem für die Schulen und die Sporttreibenden. Wir müssen alles daran setzen, unsere Hallen wieder dem Sport zuzuführen und keine weiteren Hallen zu belegen.

An dieser Stelle gilt unser Dank dem Ersten Beigeordneten Rainer Gleß, der dafür gesorgt hat, dass die nicht beschlossene sofortige Belegung der Turnhalle des Rhein-Sieg-Gymnasiums, trotz einer gegenteiligen Verlautbarung der Stadt vorerst aufgeschoben wurde.

Wir sind sehr froh, das „Risikomanagement Flüchtlinge“ mit einem Antrag auf den Weg gebracht zu haben.

Verschiedene Dezernate und Fachbereiche sind jeweils mit der Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen befasst. Es wird über sehr große Summen beschlossen. Das geschieht meist unter Zeitdruck. Dennoch sollen geordnete Verfahren das Maß aller Dinge sein: die Flut der zu beschließenden Verwaltungsvorlagen für diverse geplante und im Bau befindliche Unterkünfte überfordern jedes Ratsmitglied, wenn man eine sorgfältige Prüfung und Abwägung machen will.

Auch die Dokumentation der Ausgaben ist sehr wichtig, um vorgelegte Gelder auch zurückerstattet zu bekommen und um insgesamt den Überblick zu behalten. Die Einführung des Risikomanagements soll Sicherheit und Transparenz im Verfahren bringen und Mehrkosten vermeiden.

Übrigens: Was die Unterbringung von Flüchtlingen und Zuwanderern anbelangt, werden wir uns weiter nachdrücklich für eine dezentrale Unterbringung in kleineren Einheiten einsetzen. Wir werden auch in der Zukunft die städtebauliche Entwicklung unserer Stadt im Auge behalten.

Stadtentwicklung

Die Entwicklung unserer Stadt ist auch in den vergangenen zweieinhalb Jahren vorangegangen. Wir konnten den ersten Bauabschnitt des neuen Einkaufszentrums in Betrieb nehmen, die neue Haltestelle in der Stadtmitte wurde in Betrieb genommen und die wegweisenden Entscheidungen für das Integrierte Handlungskonzept wurden beschlossen. Jetzt gilt es optimistisch an die Zuteilung der erhofften Fördergelder zu glauben, denn ohne Förderung könnten wir die insgesamt mit fast 50 Millionen Euro geschätzten Kosten nicht stemmen.

Die Verwaltung geht hier mit Rainer Gleß mutige Wege, auch das aktuelle Geschäft und die massiven Belastungen des Dezernates halten nicht davon ab, noch Perspektiven zu entwickeln, die unserem Stadtentwicklungskonzept Rechnung tragen.

Auch die Auswahl der Grundstücke zur Flüchtlingsunterbringung ist sorgfältig und mit Bedacht erstellt worden. Natürlich gibt es für jedes Grundstück pro und contra, aber uns ist wichtig, dass die Verfahren offen sind und die Bürger mitgenommen werden. Hier meinen wir, müssen die Kommunikationsprozesse noch optimiert werden. Jeder Stadtteil wird seinen Teil dazu beitragen müssen.

Wir haben auch in den vergangenen Jahren einige Projekte in Betrieb nehmen können:

(1.Ronald Mac Donald Haus

2. Nahversorger in Birlinghoven

3. Baugebiet „Im Rebhuhnfeld“

4. Menden Mehrgenerationenhaus

5. Neubauten auf dem Tacke-Gelände

6. Haltestelle Sankt Augustin Mitte

7. Huma Neubau erster Bauabschnitt)

Viele Vorhaben sind in Fertigstellung oder Planung, wenn alles gut läuft, werden wir in den nächsten Jahren ein neues Erscheinungsbild unserer Stadt haben.

(Nach Fertigstellung der zweiten Bauabschnitts HUMA, dem Ausbau der Ost-West-Spange, der Realisierung des Integrierten Handlungskonzeptes und dem Ausbau der S13, die ja nun endlich in die Realisierungsphase startet, ist Großes in Arbeit.)

Aber auch die vielen Initiativen in den Stadtteilen sind nicht zu vernachlässigen. Die Wiederbelebung des Kaiser's an der Burgstraße ist ein wichtiger Schritt für den Stadtteil.)

Sport- und Kultur

Nach wie vor bieten wir in Sankt Augustin ein vielfältiges und attraktives Kulturangebot für unsere Bürger. Trotz einiger Eingriffe in die Freiwilligen Leistungen, ist es gelungen eine Basis für die Zukunft zu erhalten.

Was uns große Sorge bereitet ist die Zukunft des Sports in unserer Stadt. Wie bereits eben erwähnt sind mehrere Turnhallen als Unterkünfte belegt, unsere Turnhallen sind wahrhaft nicht auf neuestem Stand, es fehlen Sportplätze und ein zentrales Schwimmbad unter Aufgabe der anderen Bäder der Stadt. Der Weg für diese Option wurde im Unterausschuss aufgezeigt und muss jetzt konsequent verfolgt werden. Dazu bedarf es auch der nötigen Beratungen im Kultur-, Sport- und Freizeitausschuss. Unser Antrag auf Sondersitzung mit Schwerpunkt Sport ist angenommen worden und wir hoffen, dass unser Sportentwicklungskonzept nun endlich fortgeschrieben wird. Die Pflege unserer Vereine und Sporttreibenden ist wichtig und integraler Bestandteil einer funktionierenden Kommune.

Eine Bewertung des Zustands unserer Sportstätten in regelmäßigen Abständen sollte eigentlich Standard sein, damit wir wissen, wo wir stehen.

Soziales

Das Thema Inklusion scheint angesichts der gewaltigen Aufgaben durch die Unterbringung von Flüchtlingen etwas aus dem Blickfeld geraten zu sein, es darf aber nicht vergessen werden.

In den kommenden Jahren wird die Situation auf dem Wohnungsmarkt sicher noch schwieriger als es schon heute ist. Bezahlbarer Wohnraum für ältere Menschen und junge Familien, Alleinstehende und neue Bürger ist dringend zu schaffen.

Hier ist ja schon ein Beschluss für einen Innenbereich in Menden gefasst worden, wir erhoffen uns weiteres Engagement von Investoren in diesem Bereich.

Allerdings sind hier auch Land und Bund gefragt sich an der Finanzierung zu beteiligen.

Jugendhilfe

Im Jugendhilfebereich haben wir auch in diesem Kindergartenjahr ein besonderes Augenmerk auf den Ausbau der Kinderbetreuung gelegt. Trotz immenser Ausbauanstrengung droht in diesem Kindergartenjahr eine Unterdeckung mit Plätzen. Das war Grund genug für den JHA noch einmal nachzusteuern. Es ist aber wichtig, dass wir feststellen, dass wir vor allem ein Umsetzungsproblem in diesem Bereich haben. Was nützen die schönsten Planungen, wenn die dort beschlossenen Projekte nicht zeitnah realisiert werden können. Wir alle wissen, dass die Verwaltung viele Aufgaben bewältigen muss. Trotzdem sollten wir aber gerade die sozialen Auswirkungen einer mangelnden Versorgung mit Kindergartenplätzen vor dem Hintergrund der anhaltenden Migrationswelle nicht unterschätzen. Wenn Eltern um einen Kindergartenplatz bangen müssen, ist das dem sozialen Frieden in unserer Stadt sicher nicht zuträglich. Auch eine frühzeitige Integration von Kindern mit Migrationshintergrund dürfte für eine Stadt, die ein integriertes Sozialkonzept im Hinblick auf die Flüchtlingsbetreuung umsetzen will, ein wichtiges Ziel sein.

Herr Bürgermeister Schumacher, wir wünschen uns, dass Sie sich Kraft Ihres Amtes für eine schnelle Umsetzung der Baumaßnahmen einsetzen und die dafür notwendigen strukturellen Veränderungen schaffen.

Ein weiterer Schwerpunkt in der Jugendhilfe wird es sein, die Aufgaben der anhaltenden Migration zu schultern. Mit sehr viel Engagement und auch fachlicher Kreativität hat sich die Fachverwaltung diesen Aufgaben angenommen. Unsere Freien Träger, die stets neue wertvolle Projektideen aus der Praxis gewinnen, haben sich ebenfalls dieser gewaltigen Herausforderung angenommen, so dass wir in diesem Bereich gut aufgestellt sind! Dafür möchten wir ein ausdrückliches Dankeschön an alle Akteure richten.

Lassen wir auch weiterhin unseren Freien Träger den Spielraum gute Lösungen in der Praxis zu entwickeln, indem wir ihnen den dafür notwendigen Bewegungsspielraum einräumen. Dann werden wir auch weiterhin in Sankt Augustin eine vielfältige Jugendhilfestruktur vorhalten können.

Ich bedanke mich bei allen, die konstruktiv und offen mit uns zusammen gearbeitet haben.


FDP Sankt Augustin

News vom 10.03.2016