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FDP-Haushaltsrede zum Haushalt 2020/21

Rede zum Haushalt 2020/2021

Rat 06.11.2019
Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,

Heute haben einige der Ratsmitglieder ihre Ehrungen zur Mitgliedschaft im Rat der Stadt Sankt Augustin entgegen nehmen können. Unter Ihnen auch Sie Herr Bürgermeister, der Sie nunmehr 20 Jahre im Amt sind. Ich danke Ihnen für diese Jahre im Dienste der Stadt.

Dies ist auch die letzte Ratssitzung mit Verabschiedung eines Doppelhaushaltes in der jetzigen Legislaturperiode, somit auch die letzte Beratung eines Doppelhaushalts unter der Verantwortung unseres Bürgermeisters.

Immerhin, wir nähern uns dem Ende der Haushaltssicherung, das hört sich zwar gut an, kann aber kein Aufruf sein, neue Begehrlichkeiten zu formulieren und zu glauben, wir könnten als Kommune künftig mehr Geld ausgeben.

Über allem Handeln wird der Pleitegeier schweben und das Ziel muss auch in der Zukunft sein, sparsam mit dem Geld der Steuerzahler umzugehen.

Ich bin auch sicher, dass dies nicht die letzte Fassung des HH-planes sein wird und wir schon in Kürze einen Nachtragshaushalt werden verabschieden müssen.

Die Novellierung der Grundsteuer, die zuverlässigste und am meisten durch die Kommune beeinflussbare Einnahmequelle sollte endlich im Bundestag verabschiedet werden. Bis zum 31.12.2019  muss der Beschluss des Bundestages im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, um noch eine Weile nach der alten Regelung die Grundsteuer erheben zu können.

In meinen Ausführungen werde ich exemplarisch Arbeitsschwerpunkte und Themen aufgreifen, die uns als FDP-Fraktion besonders wichtig sind.

 

Infrastruktur erhalten und erweitern, Schulen und Kitas an die Bedarfe anpassen

Für die bauliche Gestaltung der urbanen Mitte ist in den letzten Jahren viel Arbeit, Engagement und  auch Geld investiert worden. Die Fertigstellung der HUMA, die Campusmagistrale, der Neubau des Jugendzentrums, die Neugestaltung des Karl-Gatzweiler Platzes sind Themen, mit denen Verwaltung und Politik noch Jahre zu tun haben werden.

Der Erhalt der Attraktivität des Zentrums und der Bindung von Kaufkraft  wird den Wirtschaftsförderer und die Verwaltung auch zukünftig vor große Herausforderungen stellen.

Die Zukunft der in Sankt Augustin seit Jahrzehnten erfolgreich arbeitenden Kinderklinik ist ungewiss. Wir alle stehen dafür, diese Kinderklinik unbedingt hier an diesem Standort  erhalten zu wollen. Die parallel zur Kinderklinik geplante Erweiterung der Uni-Kinderklinik Bonn bedroht den Standort Sankt Augustin mit seinem weiten Einzugsgebiet in seiner  Existenz. Wir hoffen, dass eine Schließung der Kinderklinik abgewendet werden kann.

Der geplante Umbau der Südstraße stößt bei Teilen der FDP-Fraktion auf wenig Gegenliebe. Auch wenn ein Großteil der Kosten aus Fördermitteln stammen soll, wird nicht wirklich eingesehen, dass diese Umgestaltung zu den großen Prioritäten zählen soll und es wird  Arbeitskraft gebunden.

Wichtig ist uns, die Umsetzung des schon lange angestoßenen Parkraumkonzepts für den Bereich rings um den Huma und die Hochschule. Der individuelle Verkehr ist durch Verbesserungen im ÖPNV im Moment noch nicht zu reduzieren.

Im ÖPNV wurden durch das Gesamtprojekt Lead City Angebotsverbesserungen für Sankt Augustin herbeigeführt. Die umgesetzten Maßnahmen, wie die Ausweitung der Taktraten werden von der FDP-Fraktion grundsätzlich begrüßt. So wurde durch die Einführung der neuen Linie 540 zusammen mit der Linie 640 tagsüber ein 10-Minutentakt geschaffen, welches die hohe Auslastung etwas entschärft.

Eine große Herausforderung für die Zukunft ist die Zuverlässigkeit des ÖPNV, hier sind wir alle aufgefordert eine gemeinsame Lösung zu finden. Es reicht nicht, nur mit dem Finger auf die Verkehrsunternehmen zu zeigen - viele der dortigen Probleme hängen auch mit der allgemeinen Haushaltsituation der Kommunen zusammen. Daher: Ein solider Finanzhaushalt verhilft also auch zu einem soliden ÖPNV.

Die aktuellen Planungen sehen ab 2023 eine Taktverdichtung der Linie 67 vor, zusammen mit der Linie 66 soll somit ein 5-Minutentakt realisiert werden. Die Maßnahme soll zu einer Entspannung in der Stadtbahnverbindung Siegburg – Bonn sorgen. Auch wenn dies erst einmal sehr lobenswert erscheint, wird dies auch zu einer Belastung für Sankt Augustin führen. Nicht nur, das Stadtteile durch die fast dauerhaft geschlossenen Schrankenanlagen faktisch getrennt werden - wird der zukünftige Finanzhaushalt durch eine höhere ÖPNV-Umlage belastet werden. Die zukünftigen Herausforderungen im ÖPNV sind vielseitig und bedürfen größter Aufmerksamkeit der Politik - wir von der FDP werden unseren Beitrag dazu leisten!

In einem gemeinsamen Antrag von FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen zeigen wir auf, wie die zukünftige Mobilität in der Verwaltung aussehen könnte. Denn eine moderne Verwaltung benötigt auch eine moderne und flexible Fuhrparklösung.
Im Jahr 2018 wurde als Wegstreckenentschädigung für die dienstliche Nutzung privater Fahrzeuge ca. 50.000 € verausgabt. Mit geringeren Aufwendungen lässt sich ein attraktiver Fuhrpark mit Leasing-Fahrzeugen und eBikes realisieren. Die Fahrzeuge sollen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung stehen und flexibel ausgeliehen werden können. Neben den Kosteneinsparungen wird sichergestellt, dass durch den Einsatz immer modernster Fahrzeuge auch Emissionen eingespart werden.

Die dringend benötigten Kitabauten sollen zügig umgesetzt werden, dazu wurde von SPD, Grünen und FDP im Mai  2019 ein Antrag gestellt, der diesen Maßnahmen besondere Prioritäten einräumen soll.
Dieser Antrag hat bereits jetzt Wirkung entfaltet, da kurzfristig Interims-Kitas gebaut werden. Eine familienfreundliche Stadt muss das Thema frühkindliche Bildung mit hoher Priorität bearbeiten.

Dennoch gilt aber auch, dass finanzielle Aufwendungen bei den Bauprojekten hinterfragt werden müssen. Große Kostenmehrungen z.B. beim Kitaneubau Wellenstraße macht es schwieriger, alle Bedarfe zu befriedigen, weil nicht ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden können.

Die Sanierungen unserer Schulgebäude haben hohe Priorität, wir müssen unseren Schulen Planungssicherheit geben. Deshalb fordern wir auch in einem gemeinsamen Antrag die Planungskosten für den Ausbau der Ganztagsbetreuung an den Grundschulstandorten Buisdorf, Hangelar und Meindorf bereitzustellen. Um diese Bedarfe nicht aus den Augen zu verlieren, ist es wichtig, die Kosten in den Haushalt einzustellen.

Im morgigen Schulausschuss werden wir in einer Vorlage eine Fülle von Sanierungs- und Baumaßnahmen an unseren Schulen finden. Die Verwaltung hat uns eine umfangreiche Liste aller - auch der zu planenden Maßnahmen mit entsprechenden Zeitplänen - vorgelegt. Sicherlich findet man dort auch Verzögerungen, aber wer die Situation in öffentlichen Verwaltungen kennt, weiß, dass komplexe Aufgaben auch noch durch bürokratische Hürden, Personalmangel und andere Unwägbarkeiten schwer belastet sind.

Für die intensive Befassung mit dem Thema – sicherlich auch auf politischen Druck hin – danke ich der Verwaltung ausdrücklich, aber auch den engagierten Eltern in unseren Schulpflegschaften!
Der Wohnungsbau darf nicht vernachlässigt werden, aber es muss in den Verfahren transparent zugehen und die Verwaltung muss mit offenen Karten spielen.

Bei der Schaffung von preisgünstigen Mietwohnungen muss das Sozialdezernat schon ab der Planung eingebunden sein. Wir wollen bedarfsgerecht Wohnungen schaffen, wollen aber auch den Bau von Eigentumswohnungen und Häusern nicht vernachlässigt sehen. Die wenigen zur Wohnbebauung geeigneten Flächen, die hier in Sankt Augustin zur Verfügung stehen könnten, sollten in jedem Fall weiterhin vorgehalten werden.

Ich persönlich halte es auch für eine Fehlentscheidung an der Ratshausallee nicht hochwertige Wohnungen in einem zweiten Gebäude vom gleichen Investor errichten zu lassen. Für die Stadt hätte dies mehr Einnahmen bedeutet und es wären womöglich Häuser im Stadtgebiet durch Wegzug von älteren Menschen freigeworden, die dann jungen Familien zur Verfügung gestanden hätten.

Bei der Planung und Besiedlung neuer Gebiete in der Stadt, wie zum Beispiel dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei in Menden, werden die Bürger früh über die Planungen und deren Konsequenzen informiert. Auch wenn - wie zum Beispiel in Buisdorf - dies durch engagierte Bürger erst eingefordert wurde. Die Verwaltung handelt hier konsequent und beteiligt die Bürger frühzeitig!

Maßnahmen im Tiefbau werden sowohl von den Bürgern als auch der Politik stets kritisch begleitet, und das geschieht zu Recht. Wenig rühmlich für die Verwaltung, wie ich finde, war das Verfahren um die geplante Kanal-Sanierung in der Hertzstraße. Die Presse hat ja ausführlich berichtet, der Umgang mit den Bürgern seitens Teilen der Verwaltung wurde kritisiert. Die Planungen warfen berechtigte Nachfragen auf: Warum soll eine Sackgasse so aufwendig saniert werden? Warum hat die Verwaltung viele Jahre gewartet, das Projekt zu realisieren? Warum wurde der von den Bürgern eingebrachte Vorschlag nicht einmal geprüft und ging ungeprüft in die Versammlung mit den Bürgern?

Zu guter Letzt allerdings wurde ein einvernehmlicher Kompromiss gefunden, der Weg dahin hätte einfacher und zeitsparender sein können!

Zusammenarbeit in und mit der Verwaltung

Die Zusammenarbeit der Dezernate hat sich nach unserem Eindruck verbessert, der Bürgermeister und seine Dezernenten sind ein gutes Team.

Herr Doğan bringt mit seinem ungebremsten Elan Schwung und Tatendrang in die ihn umgebenden Menschen, ich lasse mich gerne von seinen Ideen begeistern und unterstütze in den allermeisten Fällen sein wirklich ideenreiches Engagement.

Wiederum sage ich im Namen der FDP-Fraktion herzlichen Dank für ihre gute und offene Zusammenarbeit, in der sie sich auch nicht scheuen unangenehme und schwierige Entscheidungen zu treffen.

Für alle Bereiche seines Dezernates hat Herr Doğan ein offenes Ohr, auch der Umgang mit Vertretern der Politik ist offen und konstruktiv. Auch als Schulausschussvorsitzende greife ich gerne auf seine Erfahrungen und seine Sachkenntnis zurück und erlebe ihn immer als höflichen und sehr klugen Ratgeber.

Besonders freut es mich, dass Herr Doğan Kindern, deren Bleiberecht in Deutschland noch nicht gesichert ist, den Zugang zu schulischer Bildung auf freiwilliger Basis ermöglichen will. Es ist mir ein besonderes Anliegen, möglichst früh Kindern mit Bildungsangeboten, Sprachkursen und Schulunterricht eine Perspektive zu geben. Bei Kindern sollte keine Zeit verstreichen ohne sie zu fördern. Integration gelingt eher, je früher Kinder lernen dürfen.

Die vielfältigen Aufgaben des Dezernates von Herrn Gleß sind wirklich ob der desolaten Personalsituation nur schwer zu bewältigen. Vorschriften, Haushaltssicherung, immer neue Aufgaben und Unwägbarkeiten machen jeden Tag zu einem Abenteuer. Ich danke Herrn Gleß für die gute und konstruktive Zusammenarbeit!

Natürlich gibt es auch an der einen oder anderen Stelle Kritik:

Die Vernachlässigung der Beschlusslage zur Einführung des „Bauinvestitionscontrolling“ durch die Verwaltung ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass die Intention der Kgst keine Beachtung bei der Bearbeitung des Antrags, initiiert durch die FDP-Fraktion, fand. Denn es ging nicht darum, eine solche Stelle im Dezernat IV anzusiedeln, wo man sich dann selbst kontrolliert hätte, sondern eine unabhängige Stelle evtl. Stabsstelle in Verbindung mit RPA und Vergabestelle und möglicherweise dem Rechtsdienst lag uns am Herzen.

Nun nach jahrelanger Hartnäckigkeit der FDP und den Smarties ist eine Stelle beschlossen worden und hoffen, dass sie bald mit Leben erfüllt wird.

Der erste Beigeordnete hat wenig Personal im operativen Geschäft, die ihm zugewiesenen Planstellen sind nicht besetzt und es finden sich keine geeigneten Bewerber.

Vielleicht sollte einmal eine Änderung in der Bezahlung angedacht werden und Stellen anders bewertet werden. Ingenieure und Techniker sind schon auf dem freien Markt nicht zu bekommen, die Bezahlung ist dort deutlich besser als in der öffentlichen Verwaltung.

Dass Führungspositionen auch gut bezahlt werden sollen, entspricht unserer Vorstellung einer modernen Verwaltung, die bei der Personalgewinnung konkurrenzfähig sein muss. Deshalb werden wir uns auch für eine bessere Dotierung von Stellen einsetzen, wie wir es in der Vergangenheit auch gemacht haben.

Noch eine Randnotiz:

Was bei den Akteneinsichten immer wieder ins Auge fällt, ist der abgeheftete Mailverkehr zwischen Mitarbeitern aus verschiedenen Dezernaten.

Der Leser dieser Kurznachrichten fragt sich, welchem Zwecke der Depeschenwechsel dienen soll. Will man sich schützen? Sollen Verantwortlichkeiten delegiert werden?

Sind Zuständigkeiten nicht ausreichend geregelt?

Da kommt doch der Gedanke auf, dass die eine oder andere Einheit vielleicht in einem Dezernat zusammen arbeiten könnte.

Hier haben wir schon in der vergangenen Haushaltsrede Impulse versucht zu geben. Der Zuschnitt der Dezernate sollte überdacht werden.

Jugendhilfe und Soziales

Mit Beschluss des Jugendhilfeausschusses wurde eine Neuordnung der offenen Jugendarbeit beschlossen. Für die künftige Jugendarbeit soll weiterhin Trägervielfalt gelten. Das Konzept der Neuordnung ist überzeugend, denn der Einfluss des Jugendhilfeausschusses wird in der Zukunft besser gewährleistet. Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie nach Abschluss der Verträge uns die Leistungsvereinbarungen mit den Trägern unaufgefordert im Jugendhilfeausschuss vorlegt.

Es werden erhebliche Personalkosten und auch erhebliche Zuwendungen aus dem Bereich der Freiwilligen-Leistungen (Gesamtbudget 217000€) in die offene Kinder- und Jugendarbeit investiert. Wir benötigen in der Offenen Jugendarbeit nach meiner Auffassung für eine große Vielfalt der Themen und Aufgaben ein passgenaues, auf die sozialräumlichen Bedarfe ausgerichtetes Konzept. Das hat die Verwaltung mit den verschiedenen zur Bewerbung vorgelegten „Paketen“ erstellt.

In der gestrigen Sitzung wurden von der Verwaltung die Endfassung der Sozialraumdaten für die Neustrukturierung der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Sankt Augustin ausgehändigt.
Herzlichen Dank für diese erhellende und informative Zusammenstellung der Daten aus 8 Stadtteilen, aufgeteilt in 19 Quartiere, die als Informationsquelle auch für andere Themenfelder hervorragend geeignet ist.

Noch ein Punkt ist mir besonders wichtig:

Frau Tönnishoff hat uns einen umfassenden und beeindruckenden Jahresbericht der Stabsstelle Integration und Sozialplanung vorgelegt.

Eindrucksvoll hat sie die zahlreichen gesellschaftlichen Aufgaben, für die diese Stabsstelle verantwortlich ist dargestellt, ein herzliches Dankeschön von unserer Seite für ihre wichtige Arbeit!

Zum Beschluss des Haushalts

Nun sollen wir wiederum einen Haushalt beschließen, der uns nicht gefällt, in dem wir aber immerhin einige Änderungen haben einbringen können.

Die Schulden steigen, das Eigenkapital schmilzt dahin, Steuern und Gebühren werden angehoben. Angesichts der Tatsache, dass wir der Überzeugung sind, dass die Verwaltung diese Entwicklung durch pflichtige Aufgaben, die sie vom Gesetz her zu erledigen hat nicht selbst verantwortet, wird die FDP-Fraktion den Haushalt mit tragen.

Die Steuererhöhungen sind maßvoll, die Gebührenerhöhungen sind vom Bürger zu stemmen. Insgesamt liegen wir im Vergleich zu anderen Kommunen durchaus im Mittelfeld bis unteren Drittel der Gebühren.

Ich bedanke mich bei allen, die mit uns zusammen gearbeitet haben.

Stefanie Jung
- Vorsitzende der FDP-Fraktion Sankt Augustin -